Eines unserer
Lieblingsrestaurants, das Sapore d`oriente in Casciana ist schon ausgebucht,
sage einer es gebe Krise/la crisi hier, und so wollen wir eine Osteria
ausprobieren, die bei uns ums Eck ganz neu aufgemacht hat. Sie war uns
aufgefallen, weil sie eine Leuchtreklame außen angebracht hatte, die weit ins
Tal blinkte. Man sieht das Haus, so wie unseres auch, so auf eine Entfernung
von 30 Kilometern wenn man durch das goldene Tal/ il valle d`oro Richtung Hügel
fährt.
Schau mal, meinte
Felix letztens als wir vom Meer kamen, da ist was passiert, da steht eine Ambulanza/ ein
Rettungswagen. Aber nein, es war nur die besagte Leuchtreklame des
Restaurants, erkannten wir beim Näherkommen.
Wir treten also ein
und befinden uns in einem herzallerliebst hergerichteten Raum, dunkelrot
getünchte Wände, Blumen, Kerzen, ein Kamin, in dem ein lustiges Feuer brennt,
nur circa 12 Plätze, wirklich kuschelig und lauschig, wenn da nicht... ja, wenn
da nicht der Fernseher wäre.
Wenn ich eines
nicht mag, so ist das ein laufender Fernseher beim Essen und wenn man sich nett
Unterhalten möchte! Zunächst wird uns aber das Menü vorgetragen. Es gibt hier
keine Karte sondern ein festes Menü. Das klingt ganz wunderbar aber eben auch
sehr opulent, antipasti, 1. Gang, 2. Gang und dolce... ja, leicht wie eben so
ein italienisches Menü am Abend ist....
Wir bleiben schon
allein weil ich keine Lust habe, weiter zu suchen, ich habe einfach nur Hunger
und möchte Ruhe. Ähm... ja klar stelle ich bevor wir uns setzen noch eine
Frage. Welche wohl? Ja doch, ob man denn den Fernseher ausmachen könne. Aus den
Augenwinkeln sehe ich, dass es sich um eine Sendung wie „wer wird Millionär“
handelt. Nun, sagt mir der freundliche Besitzer, man könne ihn leiser
stellen... Das ist eine Antwort die mich nur mässig zufrieden stellt, aber gut.
Wir setzen uns gemütlich an einen kleinen Tisch, ich wohlweislich mit dem
Rücken zum Fernseher, bewundern die Dekoration und lassen Auftischen. Der
Selbige läuft, unüberhörbar...!
Nun, wer mich
kennt, weiß auch um meine Dickköpfigkeit, die manchmal zu guten Erfolgen aber
manchmal auch zu gestressten Mitmenschen führt. Prego, si potrebbe accendere un
po`di musica per piacere/ ach bitte, könnten Sie vielleicht ein bisschen Musik
anstellen. Wäre doch nett in diesem so überaus romantischen Ambiente nun
noch so feine italienische Musik zu hören....
Hätte ich nur
nichts gesagt und meine vorlaute Klappe endlich mal gehalten!
Na schauen wir
mal was passiert, das verspricht interessant zu werden. Der Besitzer holt aus
seinen Privaträumen eine kleine Ministereoanlage und schaltet... nein nicht
etwa eine schöne CD ein (Vivaldi, Ramazzotti, Zucchero, Lucio Dalla?) ein,
nein, weit gefehlt, das RADIO! Kennt Ihr italienisches Radio? Nein? Nun ich
würde fast sagen, besser so! Ja? Ja, klar, dann wißt Ihr auch, dass auch die
allerschönste Musik aller 5 Minuten mit schriller Stimme herausgeschriene
Werbung vertragen muss.
Und wißt Ihr was?
Der Fernseher lief immer noch, ganz leise versteht sich. Was man so als
„italienisch leise“ versteht.
Typisch italienisch: In der Überschrift das Wort "dramma"/drama und darunter 2 kurzberockte Blondinen, ei fehlt doch nur der.... Berlusconi....
Das ist so eine
hervorragende Übung in Achsamkeit (ich war doch mal in einem buddhistischen Kloster)!
Wenn man das schafft, trotz alldem so genüsslich wie ich seine 4 Gänge
(antipasti toscani mit Schinken, Salami, Zuppa di Cavolo/ Kohlsuppe, 1. Gang Bandnudeln mit
Steinpilzen/ tagliatelle ai funghi porcini und Nudeln mit Wildschweinragout/ pasta al
ragù di cinghiale, 2. Gang Wildschwein/ cinghiale (gejagt und erlegt im
Tal vor unserem Haus), dazu hauseigener Wein/ vino della casa der vor meinem
Fenster wächst, da wir ja Nachbarn sind, Dolce Napfkuchen/ ciambella und
Café) zu verspeisen, dann ist man sozusagen so etwas wie erleuchtet. Mit vor
Stolz geschwellter Brust verlasse ich das Restaurant. Hier werden wir wieder
einkehren und meine Feriengäste werden das Restaurant bald unter ihrem
Geheimtipps finden. Im Sommer hat es um die 30 Freisitze und man wird doch
hoffentlich nicht auf die Idee kommen, draussen einen Fernseher zu
installieren, oder???
Es war ein
schöner Abend, netter Platz, nette Leute. Und er ist natürlich noch nicht zu
Ende denn wir sollen ja (hat mein Sohn gesagt) Tanzen gehen/ andare a ballare.
Also geht es trotz praller Bäuche und bleierner Müdigkeit in ein blaues Riesenzelt bei Pontedera zum Standarttanz
& Lateinamerikanisch/ ballo liscio e latino.
Heute spielen da
Claudio e le creme caramel, lese ich auf dem Plakat. Ja auf deutsch klingt das nun
wieder nicht so romantisch, Klaus und die Karamellcreme. Ja, und genauso ist die Musik, auch wenn
Klausi sein Bestes gibt, aber da wir nun schon mal hier sind amüsieren wir uns
was das Zeug hält, Alter so ab 55 aufwärts. Wobei man doch dazu sagen muss,
dass sich auch 60-jährige noch ganz gut in Miniröckchen und Highheels pressen
können. Ich habe weder das eine noch das andere an, für das eine ist es mir zu
kühl und mit den anderen überrage ich die kleinen Italiener haushoch, was ich sowieso
auch schon mit flachen Schuhen meistens tue.
Wir tanzen bis
meine rechte Kniescheibe streikt. Warum Riccardos rechte Kniescheibe nicht weh
tut die ja doch ebensooft beim Tanzen gegen die meinige haut, ist mir wieder
ein Rätsel. Nach vielen Walzern, Cha-cha-cha und Salsas mache ich noch die
spannende Entdeckung, das man „Knocking on heavens door“ auch als Foxtrott
tanzen kann, wirklich interessant.
Gegen halb 3
beschließen wir, Party oder nicht im Haus, dass wir nicht mehr können, wir
wollen einfach nur schlafen. Also fahren
wir nach Hause. Riccardo betritt das Haus wieder wohlweislich durch die
Nebentür während ich doch einen Blick auf das Geschehen erhaschen will. Hi
Guys, grüße ich ganz cool, als ich zur Tür herein komme. Ist natürlich quatsch
denn Jugendliche sprechen in Italien nur bedingt englisch und Emma, unsere
Austauschschülerin ist ja schon im Bett. Auf dem Sofa lungern noch 5 Jungs herum,
sieht so aus als ob sie Playstation spielen, im Zimmer und in der Küche
verteilt Teller vom Abendmahl und Chipskrümel. Ich mache sie höflich darauf
aufmerksam, doch aufzuräumen bevor sie schlafen gehen. Morgens sieht allerdings
immer noch alles genauso aus und dummerweise geht Riccardo zuerst in die Küche
und regt sich höllisch auf. Eigenartiger-
aus Sicht einer Deutschen nicht ganz nachzuvollziehender -weise, meint
er, die Mädchen hätten doch aufräumen müssen. Ne, ne, ich bin eine deutsche
Mama und da müssen die Jungs genauso ran wie die Mädchen, die in unserem Falle
ja sowieso nicht mehr da sind. Wo gibts denn so etwas, dass nur die Mädels
aufräumen müssen?
Wiederrum
glücklicherweise ist Sonntag und mein Mann geht mit den beiden Kleinen in die
Messe. Man hat den beiden Kleinen übrigens Fahrräder versprochen, wenn sie
jeden Sonntag das ganze Jahr durch Messdiener machen. Nein nicht mein Mann hat
es ihnen versprochen sondern der Pfarrer höchstpersönlich. So kann ich in Ruhe
Frühstück machen, denn ich finde es ehrlich gesagt schön, das Haus voll zu
haben. Ich mag Jugendliche einfach und wenn sie zuhause sind, sind sie
wenigstens nicht irgendwo unterwegs wo ich nicht weiß wo sie sind und was sie
machen. Nach und nach kommen sie alle angetrudelt. Sie haben alle oben im Kinderzimmer
in den Kinderbetten (Ferrari und BMW) und auf Matrazen geschlafen, die wir auf
den Boden gelegt haben. Ja, wer ist denn das? Ah, das 2 Monate alte Dackelbaby
Marilù (um korrekt zu sein Dackelcolliebaby) ist auch mit von der Partie/ Party.
Sie hat zwischen den Jungs geschlafen und spielt nun mit meinem Gemüse Fußball.
Als alle Jungs beeinander habe mache ich sie darauf aufmerksam, dass ich sie
gern im Haus habe, sie auch jederzeit gern gesehen sind aber wenn ich ihnen das
Haus ordentlich übergebe so möchte ich es genauso vorfinden. Jeder stellt
seinen Teller in die Spülmaschine und jeder hilft kurz mit, Minutensache...
Nein, sie brummeln nicht als Antwort, sie versprechen es mir. Na fein.
So sieht dann
unser Frühstückstisch aus. Ich gebe zu, ich verstecke mein deutsches sonntäglisches
Frühstückei und die Salami, werden mit leichter Verwunderung auf dem
Frühstückstisch beäugt. Sie sehen für
Itlaiener irgendwie eigenartig aus zwischen Kornflakes, Keksen, Nutella und
Nun, mein Sohn
will nun öfter solche Party´s geben, er ist offensichtlich auf den Geschmack
gekommen, die nächste soll in 2 Wochen stattfinden. Och ne, sage ich, nicht
schon wieder tanzen gehen. Nein, brauchst Du nicht, Mama, Ihr könnt ruhig hier
bleiben, nur die 2 Kleinen müssen weg.
Na, Leute, kann
es ein schöneres Kompliment für eine Mama geben? Man ist so unpeinlich, dass
man in seinem eigenen Hause bleiben darf während Teenyparty ist!
Ipp ipp urra, hipp hipp hurra!
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