Donnerstag, 27. Dezember 2012

Kleine Weihnachtsgeschichten – storielline di natale

Nun, sehr aufregend war Weihnachten diesmal nicht. Ich würde fast sagen, es war ein sozusagen ganz normales Weihnachten. Oder?

Es gab keine unvorhergesehenen Reparaturarbeiten am Haus, unsere Katze Angiolina lag größtenteils faul auf dem Sofa und ging diesmal nicht in die Weihnachtsmesse mit und die Weihnachtsgans schaute mich diesmal auch nur indirekt an (... alle vorherigen Weihnachtsgeschichten im > Buch...).

Doch im Einzelnen:
Klar, zu Weihnachten gehören ordentliche Kekse und so machten wir uns zunächst erst einmal ans Backen.
 
Wir sind keine großen Künstler, unser Rezept lautet jedes Jahr gleich: 500 g Mehl, 250 Zucker, 1 Stück Butter, 2 Eier. Aber lecker sind sie und sie sind uns doch gut gelungen, oder?
 
Nun, bei genauerem Betrachten werden wir wieder mal feststellen, dass meinem Mann die Fantasie durch gegangen ist. Ja, die Biamratte und das Huhn passen eigentlich nicht unbedingt in die Weihnachtszeit. Ihr wundert Euch darüber? Nein, ICH wundere mich schon lange nicht mehr, über GAR NICHTS!
Zu einem richtigen Weihnachtsfest gehört für mich, na klar, eine Gans, oder am besten gleich 2. Nein, fragt mich jetzt nicht ob das typisch italienisch ist, ist es natürlich nicht. Das ist typisch deutsch und diese herzigen Tierchen und selbstgemachte grüne Klöße sind der einzige piatto tipico tedesco/ typisch deutsche Gericht pro Jahr ,der auf den Tisch MUSS. Jedes Jahr gibt es zwischen mir und dem Metzger Davide in Lari einen Wortwechsel der so ziemlich gleich abläuft (wohlbemerkt seit 14 Jahren), er sagt viel über die italienische und deutsche Kommunikation aus:
„Ähm, ich brauche auch in diesem Jahr wieder 2 schöne Gänse, kannst du mir die besorgen?“.
„Ja, ich denke schon, können es ansonsten auch Enten sein?."
„Nein, auf gar keine Fall, es müssen Gänse sein“.
„Gut, geht klar. Soll ich die irgendwie vorbereiten?“
„Ja, bitte, wie immer, Hals ab, Pfoten ab, Innereien raus. Danke“.

Das Ergebnis sieht nun zwar nicht mehr wie vor einigen Jahren aus (... man erinnere sich > Buch „Ich machte die Tüte auf und schaute hinein, die Gans schaute zurück“). Aber findet ihr sie sehen ordentlich vorbereitet aus?
 
Immerhin sind es zwei Prachtexemplare. Sind sie nicht schön? Übrigens steht Onkel Nedo vor mir, der Landwirt, mit dem ich vor ein paar Jahren ein Schwein zerlegt habe, und er weiß wahrhaftig nicht wie eine Gans aussieht!
Dann kommt wieder die übliche Frage und wieder meine stereotype Antwort, bitte Hals ab, Pfoten ab, Innereien raus. Dummerweise verliere ich mich in Schwätzchen mit den Leuten im so vollen Metzgerladen, dass ich nicht sehe welche hübsche Beigaben ich in meine Tüte erhalte. Zum Glück auch, sonst könnte ich euch nicht dieses hübsche "Stillleben mit Weihnachtsgans" präsentieren:

 
Übrigens habe ich das gefühlte stundenlange Anstehen beim Fleischer genutzt (Anstehen finde ich ja herrlich, ich bin zur äußert geschwätzigen Italienerin geworden und unterhalte mühelos den ganzen Laden...), um Interviews zu machen. Diesmal natürlich passend zum Thema: Gibt es ein typisches Weihnachtsgericht in Italien? Nein, gibt es doch wirklich nicht. Früher war es noch üblich „cappone“ zu essen. Diesmal weiß Onkel Nedo genau was das ist, ein kastrierter großer Hahn/ ein Kapaun. Der ist faul weil er nicht mehr den ganzen Tag den Hennen hinterher rennt und deshalb besonders fett und groß. Er wird aber lesso/ gekocht gegessen, nicht gebraten. Doch auch dieses Festessen gerät mehr oder weniger in Vergessenheit. Der Italiener hat also keinen piatto tipico/ kein typisches Gericht für diesen Tag, sondern ißt einfach noch ein paar Gänge mehr von dem was er sonst so am Liebsten mag.
Nun, dann mache ich mich mal an die Zubereitung der Gans, zuerst die Innereien rausnehmen....

Meine 2 Kleinen verstummen plötzlich auf dem Sofa. Das ist meistens kein gutes Zeichen, da schaue ich mal lieber nach. Was machen die denn?
Die m-e-d-i-t-i-e-r-e-n. Und das zu Weihnachten!

Nein, das haben sie nicht von mir, auch wenn sie es von mir haben könnten, denn das würde bei meinem katholischen Mann wohl zum innerfamiliären Religionskrieg führen, und den wollen wir auf gar keine Fall.
Mein großer Sohn hingegen meint lakonisch er gehe jetzt spazieren und zieht, die Hände in den Hosentaschen, mit seiner Buddelkastenfreundin von dannen. Auch das scheint mir nicht ganz geheuer, ein 15-Jähriger geht auf gar keinen Fall auf dem Dorfe spazieren! Das ist absolut uncool, selbst in den Augen seiner Mutter. Mir schwant oder ganst, er geht pflanzen. Was er zu pflanzen gedenkt verrate ich jetzt hier nicht. Es ist etwas von dem ich zum Glück gar keine Ahnung habe und ich auch wünschen würde, dass er davon keine Ahnung hätte. Aber eines weiß ich und das läßt mich ihn in Ruhe von dannen ziehen: Im Moment ist keine Pflanzzeit, mein rucola/ Rauke, trotz besseren Wissens ausgesät, verweigert auch gerade konsequent sein Wachstum. Als ich das den Beiden mitteile sind sie doch irgendwie perplex. Tja, Mamas sind zwar doof aber nicht auf den Kopf gefallen.

Zum Heiligabend gibt es Gänsesüppchen mit feine Nudeln. Die Innereien kommen wohlweislich alle auf meinen Teller und so bleibt der vorherzusehende Protest (Ih, was ist das denn/ che cos`è; das esse ich nicht/ questo non lo mangio; ist das ekelig/ é schifoso..) aus. Wie schön/ che bello!
Felix verabschiedet sich vom Tisch mit den Worten „chiamatemi se viene quell` brutto vecchiaccio/ ruft mich wenn der alte Knacker kommt“ (Für nicht Insider, das ist das jugendlich, neuzeitlich sportliche Synoym für Weihnachtsmann/ babbo natale..) und derselbige steht dann auch pünktlich nach dem Abendessen vor der Tür. Den bestellt man hier bei den Boy Scouts, bei den Pfadfindern. Das ist ganz praktisch, denn das sind immer Personen die wir und die Kinder nicht kennen und man läuft nicht Gefahr, dass sie Pantoffeln, Nase oder Stimme identifizieren.

Dieses Jahr ist er mit seinem Gehilfen früh dran, auf die Sekunde genau war ich fertig mit dem Einpacken der um die 50 Geschenke/ regali. Alle freuen sich riesig darüber und sind glücklich. Mama bekommt zwar kein Geschenk aber sie ist auch glücklich. Schließlich sind Mamas doch am Glücklichsten wenn sie BESCHENKEN dürfen, oder? Naja, zum Glück hat mir die wundervolle Vittoria (einer meiner Lieblingsläden hier) einen handgemachten TP-Aufbewahrer geschenkt, und schlau wie ich bin, habe ich mir den selbst in den Weihnachtsmannsack geschmuggelt. So habe ich doch noch ein Geschenk, hurra! Was ein TP-Aufbewahrer ist? Na das hier:
 
Scusate, entschuldigt, mir fällt gerade der deutsche Name dafür nicht ein....

Luca ist ganz gerührt, immer wieder schüttelt er ungläubig, mit dem Blick auf seine Geschenke, den Kopf: È così bravo babbo natale/ der ist so gut der Weihnachtsmann, quanti regali/ so viele Geschenke, lo voglio tanto tanto bene/ ich habe den ja so so lieb. Ist irgendwie schon doof, denke ich, ich mache mir die ganze Mühe und der alte Knacker, ich meine der Weihnachtsmann, kriegt die ganzen Komplimente ab.
Filippo ist etwas kritischer und bemerkt irgendwann, dass der Weihnachtsmann ja gar nichts zum Spielen gebracht hätte. Oi, stimmt, jetzt wo er es so sagt fällt mir das auch gerade auf, da liegen „nur“ lauter „nützliche“ Sachen. Aber an dem Schlauchboot werden sie im Sommer noch ihren Riesenspaß haben, die Wasserratten.
Ach schön, che bello, später wird es ruhig, die Kinder gehen glücklich schlafen d.h. "ruhig" ist relativ wenn man zu Weihnachten direkt neben der Kirche wohnt. Aber es ist ein Spaß, dauernd rauszurennen wenn sich alle 4 Glocken in Bewegung setzen. Ist auch gar nicht so kalt heute, kann man unterm Turm stehen und schön zuschauen. Wie die schaukeln, alle Viere! Und das ist vielleicht ein schöner Heidenlärm! Ne, Heidenlärm darf man, glaube ich, jetzt zu Weihnachten nicht sagen. Also, das ist vielleicht ein schönes Geläute! Und man hört das auch noch von den umliegenden Hügeln, alles Kirchenglocken läuten.

Ja, und dann ziehen wir die Kinder aus dem Bette und schleppen sie in die Kirche. Ich gehe ja sonst nie (...mehr > erheiternde Geschichten dazu im Buch) in die Kirche, aber zu Weihnachten, das muss schon sein. Luca schläft einfach weiter und schnarcht in meinem Arm. Das hat den Vorteil, dass ich nicht andauernd aufstehen muss, das kann ich nämlich gar nicht leiden in der Kirche, ich habe ein Alibi. Vor mir blinken wie üblich die Lichter in der Weihnachtskrippe und um Mitternacht läuten sie wieder, die Glocken, und das Christkindlein/ bambino Gesú wird aufgedeckt. Das ist sehr schön und feierlich. Alle wünschen sich "tanti auguri/ alles Gute", die Kerzen brennen in der geschmückten Kirche und es riecht nach Weihrauch.
 
Am 1. Weihnachtsfeiertag geht es natürlich zu Schwiegermama. Sie kocht, alle sind begeistert, na was wohl? Ja, die Insider wissen es schon wieder längst, aber ich hänge doch Beweisfotos an:
 
Na???
JAAA!!!

 
Ja, klar, erraten. Ja, ich weiß, dass es auch hartgesottenen Insidern schwer fällt, es zu glauben, doch seit nun mehr 8 Jahren und auch zu Weihnachten gibt es nonnas/Omas „pasta al pomodoro/ pasta mit Tomatensoße“. Rezept für die beste Pasta auf der Welt natürlich im > Buch.
Und was es auch gibt, bei nonna und auch bei uns, und der ist wirklich typisch italienisch zur Weihnachtszeit, der „pandoro“/ das goldene Brot, der natürlich ein feiner Kuchen ist. Die Prozedur „nevica/es schneit“ habe ich schon mal beschrieben, aber hier sei sie nochmal in Wort und Bild dargestellt. Man reiße den großen Pappkarton auf, entleere die Tüte Puderzucker in die Tüte wo der Kuchen drin ist, knote die Tüte oben wieder zu und schüttele sie heftig.
 
So entsteht der schönste weiße Puderzuckerüberzug auf diesem feinen Hefekuchen. Dazu ein spumente dolce, ein süßer Schaumwein, auch ganz typisch italienisch zum Dessert, e... saluteeee! Auf die Gesundheit!
In diesem Sinne wünsche ich allen einen guten Rutsch in ein neues schönes Jahr.
Vi auguro un buon anno nuovo pieno di salute, serenitá e gioia!
Ich wünsche euch ein gutes neues Jahr voller Gesundheit, Gelassenheit und Freude!
Eure Kristina
Und wer über die Silvesterferien den Sommerurlaub planen möchte: Ich stehe wie immer gern mit vielen Ferienwohnungen in der Toskana und neuen Ideen zu Eurer Verfügung: http://www.toskanaferien.net/

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